Susan Geel, Bestäuberin, Terracotta, 2018:
Seit dem Jahr 2016 habe ich es gewagt, ein völlig neues Material in die Aue zu bringen: Eine zerbrechliche Terrakotta von Susan Geel (Raumwelten IV). Seit diesem Jahr präsentiert die Künstlerin aus dem gleichen Material – geschützt unter Plexiglas – die „Bestäuberin“ aus dem Jahr 2018.
Die Schweizer Künstlerin wirkt in meiner Wahlheimat Rheinhessen. Seit 1991 hat sie sich weltweit weitergebildet, u. a. an der School of Art in San Francisco und bei Prof. Eberhard Linke in Flonheim.
Dessen von einer Stiftung getragenes Atelier hat sie von 2014 bis 2019 geleitet. Trägerin des Kulturförderpreises Bingen und Mitinitiatorin der Skulpturenausstellung 529 zur Landesgartenschau Bingen 2007/08 führt sie seit 2020 eine Ateliergemeinschaft mit Hildegard Müller namens „SmitH-ART“ in Mainz-Weisenau.
Die „Bestäuberin“ ist thematisch hochaktuell und vom Klimawandel inspiriert. Sie wissen, dass wir ein Bienensterben haben bzw. ganz ungewöhnliche Orte für Imker gesucht werden: u. a. auf dem Dach des MMK in Frankfurt. Die Versiegelung mit Beton unserer Freiflächen sowie der intensive Einsatz von Insektiziden ist ein großes Problem. Nicht nur für die Insekten, die reihenweise sterben, sondern auch für uns Menschen. Wenn wir nicht am Hitzetod zugrunde gehen, dann daran, dass es keine Insekten mehr zum Bestäuben der Blüten gibt. Vielleicht müssen wir es bald wie die chinesischen Arbeiterinnen machen, von denen das Werk direkt angeregt ist: Sie bestäuben die Apfelblüten mit kleinen Pinseln von Hand, da der großzügige Einsatz von Insektiziden in weiten Landstrichen Chinas die Insekten ausgerottet hat.
Derart ist die hiesige „Bestäuberin“ ein ironischer Hinweis, dass wir vielleicht bald zum Überleben menschlicher Mutationen bedürfen, indem den Menschen aus den Fingern Pinsel zur Bestäubung der Blüten sprießen…
Das Werk ist übrigens im Terrakotta-Hohlaufbau entstanden. Bei diesem arbeitet sich die Künstlerin wie bei einem Haus von unten nach oben dem Endprodukt heran, da der Ton, damit er hält, erst antrocknen muss, bevor die nächste Schicht nach oben angegangen werden kann.
Solche Skulpturen erschafft Geel in unterschiedlichen Größen. Gerade bei den größeren Formaten ist nachvollziehbar, dass sie in mehreren Teilen erstellt werden, die im Innern mit Tonführungen verbunden, also ineinander steckbar und getrennt wunderbar transportabel sind. Da der Ofen mit Gas heizt, stellt er diese schöne Patina her. Ton ist eigentlich recht spröde und würde sich in einem Elektroofen eher rot verfärben. Durch das Gas verwandelt er sich anthrazitfarben.