Simone Carole Levy: Harmonische Beziehung, Lärche, 2022 und Harfe, Eiche, 2016 (am Teich)
Die Schweizer Künstlerin, Trägerin zahlreicher Kunstpreise weltweit, lebt seit 1986 in Deutschland und hat in Höhr-Grenzhausen ihr Atelier. Levy führt gerne Auftragsarbeiten sowie Kunst am Bau-Projekte durch und liebt das Material Holz. Sie arbeitet aber auch in Schnee und Eis im Winter und mit Stroh im Sommer – mit Vorliebe auf Symposien. O-Ton: „Ich bin ein Symposien-Junkie.“ Ein solches verhindert ihre heutige Anwesenheit. Auf einem Holz-Symposium in Eppstein habe ich sie entdeckt.
Ihre zwei Skulpturen „Harmonische Beziehung“ und „Harfe“ sind aus ihrem Lieblingsmaterial entstanden. Mit der Kettensäge nimmt sie den Dialog auf, schält aus dem Block die Figur heraus, der sie schließlich durch die Schleifmaschine eine weiche Oberfläche verleiht.
Bei den großen Skulpturen arbeitet sie nach Skizzen, mit der Hand schnitzt sie viele kleine Modelle. Dennoch steht der Dialog mit dem Material im Vordergrund, weil jedes Holz seinen eigenen Charakter hat, auf den sie eingehen muss und der sie zu Ideen anregt. Durch den jeweiligen Wuchs und seine Beschaffenheit gibt das Holz ihr eine Richtung vor.
Die rötlich-gelbe Lärche der Harmonischen Beziehung hat zum Beispiel viel Harz und ist hart. Harzklumpen können die Säge verkleben, weshalb eine Bearbeitung nicht immer einfach ist.
Die Eiche der Harfe dagegen ist stark und schön, verändert im Laufe der Zeit ihre helle Farbe und vergraut. Genau dies macht für Levy den ästhetischen Reiz aus: Wie der Mensch altert das Holz, verwittert, vergeht – ein von Levy positiv empfundener Prozess. Er ist Teil des schöpferischen Ganzen, in den ihre jeweiligen Erkenntnisse und Seelenzustände einfließen.
Levy sucht stets nach Antworten und gibt jeder Skulptur Namen. Der Titel „Harmonische Beziehung“ spiegelt ihren Seelenzustand wider: Sie ist mit sich physisch und spirituell in Harmonie und meint: „Mit dem Arbeitsprozess setze ich meine Lebensphilosophie in die Praxis um: Trotz unserer vielschichtigen, komplizierten und oft naturfeindlichen Lebensweise, so harmonisch wie möglich mit der inneren und äußeren Natur in Einklang zu leben, mit ihr gemeinsam meine Anliegen zum Ausdruck zu bringen.“
Mit der Natur gemeinsam heißt hier: Sich in sie hineinfühlen; wie die Natur, aber nicht nach der Natur zu bilden. Durch Reduktion steigert sie die Aussage und lässt uns an das Pulsieren der Natur in biomorph gefundenen Lösungen denken – ganz in der Tradition der Klassischen Moderne eines Hans Arp.
Die Herausforderung besteht für sie darin, dieses Erleben und die empfangenen Impulse – seien sie geistiger, emotionaler oder physischer Art – in eine individuelle Form zu bringen.
Die Harfe zeigt zudem die Bedeutung der Musik für die Künstlerin – Levy hat ursprünglich Gesang studiert und sich sonst bewusst gegen eine akademische Künstlerausbildung und für eine freie Kunst entschieden. Durch ihre Form versetzt ihre Harfe uns selbst in Schwingung, lässt uns offen werden für die Töne der Natur, auch hier in der Aue. Wie alle Werke Levys ist sie ein Instrument der Erkenntnis und bietet uns die Möglichkeit, sich mit der Bedeutung und den Tiefen des Lebens auseinanderzusetzen.