Eberhard Linke: Legionär, Bronze, 1985/88
Von 2017 (80. Geb. des Künstlers) bis 2019 wuchtete sich der Bronzekrieger den grauen Betonfassaden der Mainzer Warentempel am Brand entgegen. Von dort kam in einer spektakulären Transport-Aktion der »Mann aus Castrum« zu uns in die Aue.
In den letzten Jahren konnten wir den »Aussteiger« und »Römisches Mauerfossil« des in Flonheim lebenden Künstlers Eberhard Linke in der Aue zeigen. Im dortigen Atelier können Sie das ganze Formenrepertoire erleben, das sich der berühmte Bildhauer und Mainzer Professor in 40 Jahren erarbeitet hat. Ungeachtet eines schweren Schicksalsschlages (Querschnittslähmung vor 5 Jahren) sprüht Linke vor Schaffenskraft.
Der »Legionär« spiegelt exemplarisch sein Werk wider, ist er doch nach seinem einschneidenden neunmonatigen Stipendien-Aufenthalt in der Villa Massimo in Rom (1980) entstanden – heute noch einer der angesehensten Künstlerpreise, die vergeben werden.
Hier kam er hautnah mit der Kultur der Etrusker in Berührung und setzte sich mit großen etruskischen Tonskulpturen auseinander. So entstehen in der römischen Stipendiatenzeit solche Terrakotten im mittelgroßen Format, die für den öffentlichen Raum in Bronze gegossen werden und führen dazu, dass Linke seit Rom seinen Aufgabenschwerpunkt im Schaffen solcher Großskulpturen sieht (zahlreiche Brunnen!). Unser Legionär ist runde 3 m groß und strotzt trotz fehlender Arme mit seinem massigen Nacken und den gespannten Schultern vor bedrohlicher Energie. Der aus Haut, Waffenrock und Helm zu einem archaischen Kraftpaket verbackene Koloss scheint auf uns zuzustürmen.
Das Motiv des Schreitens erscheint übrigens fast wie ein Leitmotiv in vielen seiner Arbeiten: Die Vorwärtsbewegung ist im übertragenen Sinn ein geistiges und räumliches Sich-Verändern, ein »An-die-Grenze-stoßen«.
Faszinierend zu beobachten: wie die archaische Technik des gebrannten Tons zum Gestaltungsprinzip der zerrissenen Teile führt; d.h. Linke lässt sich von der Formbarkeit des Materials leiten wie von der Orientierung an der Natur, transzendiert dann aber Kraft seiner Phantasie seine Figur zu einem metamorphotischen Wesen.
Dadurch wirken Linkes Skulpturen modern und überzeitlich: Sie sind existenzielle Chiffren unseres Daseins: Der Legionär ist nicht nur eine Erinnerung an die römische Soldateska, sondern spiegelt das bedrohlich Martialische, das leider mittlerweile allgegenwärtig in unserer Gesellschaft geworden ist.
Die Gründe, warum Linke seit Mitte der 1970er überwiegend in keramischer Aufbautechnik arbeitet, liegen wesentlich in der Flexibilität dieses Materials. Es ermöglicht spontan alle Varianten der Übergänge von geometrisch exakter Fläche bis hin zu organischen Strukturen und Rundungen.
Zudem findet er das Zusammenwirken zweier Gegensätze faszinierend: »die technische, geradezu architektonische Vorgehensweise, nämlich Wände wie beim Hausbau von unten nach oben zu errichten, was strenge Disziplin, räumliche Vorstellungskraft und Übersicht im Hinblick auf die Gesamtform erfordert, zusammen mit dem schöpferischen Werden und Wachsen, in dem das spontane Einwirken der Hände zu Details führt, die nicht ausgedacht und geplant werden, sondern unmittelbar entstehen.«
Das heißt, der Ton besitzt eine eigene Seele, die sich in der Figur materialisiert. Diese sinnliche Lust des Hantierens in Ton sind bis in alle Details dieser Arbeit zu spüren.
Eberhard Linke
Eberhard und Barbara Linke Stiftung
Erbes-Büdesheimer Str. 7 | 55237 Flonheim
Tel.: 06734 – 8335 | info@stiftung-linke.de
Website: stiftung-linke.de
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