Andreas Helm: Stele, Sandstein, 2019
Mit der Stele von Andreas Helm, der genau vor 10 Jahren schon einmal hier mit einer Skulptur vertretenwar, haben wir im Jahr 2020 eine Premiere gezeigt und müssen sie seit letztem Jahr als „Retrospektive in memoriam“ präsentieren. Unerwartet und plötzlich ist der Künstler im Jahr 2021 gestorben (nicht an Corona!). Die Stadt Bad Vilbel hat die Skulptur aus dem Nachlass erworben, so dass sie dauerhaft in der Aue verbleiben kann.
Bekannt ist Ihnen der Künstler vielleicht aus der Zusammenarbeit mit verschiedenen pädagogischen Einrichtungen oder von Kleinplastiken, die er mit Techniken der Silikon-Abformung im Betonguss als Auftragsarbeiten erstellt. Oder von den jährlichen Ausstellungen des Kunstvereins Freigehege e.V. am Museumsufer Frankfurt.
Die Idee zur Stele entstand in Weißenseifen, einem Ort in der Eifel und Sitz des gleichnamigen Symposiums, an dem Helm – zusammen mit Mennicken – seit Langem teilnimmt bzw. teilnahm. Beim verstorbenen Gründer des Symposiums, Albrecht Klauer Simonis, kurz AKS, ging er in die „BildhauerLehre“.
Von AKS‘ Philosophie geprägt, bearbeitet Helm alles mit der Hand. Selbst die Steinbewegungen erfolgen handgemacht, höchstens Dreibeine, Steinbruch-Winden und ein Flaschenzug kommen zum Einsatz. Er meint schmunzelnd: „Alles noch sehr archaisch“. Grund: Der Widerstand des Materials kann nach Meinung der teilnehmenden Künstler nur mit Spitz-, Flach- und Zahneisen erspürt werden. Säge und Pressluft ließen dies nicht zu – und würden auch durch den Lärm die Atmosphäre des Symposiums stören.
Bei diesem nehmen in der Regel immer 20 Künstler teil und tauschen sich von morgens sieben bis zum Dunkelwerden aus.
Weißenseifen in der Eifel ist eine Sandstein-Gegend, weshalb auch unser Stein von dort stammt. Dort findet man in zeitweise geöffneten Steinbrüchen solche mittelharten bis feinen Sandsteine, die mehr Möglichkeiten in der Bearbeitung als ein grober Sandstein eröffnen.
Diesen Stein hat der Künstler von einem größeren Stück abgespalten und angefangen in Weißenseifen zu bearbeiten. Nach dem Symposium nahm er ihn mit in seinen Ateliergarten.
Organisch nach oben sich in einzelne biomorphe Stränge verzweigend erinnert die Stele ein wenig an Künstler der klassischen Moderne à la Hans Arp, die nicht wie die Natur, sondern nach der Natur bilden
wollten.
Alleine dass die Stele steht und eine gewisse Größe hat, löst sie menschliche Assoziationen aus. Auf jeden Fall stellt sie ein Gegenüber dar, mit dem es in Kontakt zu treten gilt. Unten gröber in der Bearbeitung, hat der Künstler im Mittelteil feine Linien mit Zahneisen eingearbeitet und im oberen Bereich die Partien geschliffen, so dass sie durch ihre Weichheit fast Weibliches assoziieren. Der Künstler wird allerdings nie ganz konkret: Bevor das Erkennen einer anatomischen Figur eintreten könnte, endet er den Bearbeitungsprozess. Durch die Reduktion in der Darstellung verstärkt er nur die Wirkung (des Schwellenden, Pulsierenden, Lebendigen) – ein Ziel, das er mit den abstrakten Künstlern nach dem zweiten Weltkrieg gemein hat.
Ihren Reiz gewinnt die Skulptur zusätzlich durch ihren Standort: Im Zusammenspiel mit der sie umgebenden Natur und den Lichteinfällen. Gerade durch das Licht- und Schattenspiel wirkt sie lebendig,
pulsierend und die Bearbeitung im Detail haucht ihr zusätzliches Leben ein.